20. November 2024, Berliner Morgenpost
Poller-Streit eskaliert weiter – Was eine Initiative jetzt plant
„Daher strebt der Verein nun ein Bürgerbegehren an. Darin fordern sie, die Maßnahmen der Verkehrsberuhigung in Lichtenberg zurückzunehmen. Noch muss der Senat darüber entscheiden, ob das Sammeln von Unterschriften für einen Bürgerentscheid beginnen kann.
„Wir fordern Verkehrsberuhigung mit Augenmaß“, erklärt K. Als Beispiel nennt sie Bodenschwellen, Schilder oder digitale Geschwindigkeitsmesser. „Das sind alles Maßnahmen, die den Verkehr beruhigen, die aber von den Poller- Befürwortern kategorisch ausgeschlossen werden.“
Stattdessen werde mit der Errichtung von Pollern wahnhaft versucht, es
den Autofahrern so schwer wie möglich zu machen. „Wir wollen den Verkehr beruhigen, aber nicht komplett abschaffen.““
https://www.morgenpost.de/bezirke/lichtenberg/article407726093/kampf-um-verkehrspolitik-initiative-will-poller-abschaffen.html
18. November 2024, Stimme der Hauptstadt
Verein initiiert Bürgerbegehren in Lichtenberg für Verkehrsberuhigung mit Augenmaß
„Funktionierende Abläufe werden unterbrochen, Anwohner werden nicht informiert, Autofahrer werden als Feindbild betrachtet. Unserem Verständnis von ‚Leben und leben lassen‘ widerspricht dieses Vorgehen“, sagt Judith Kochendörfer, stellvertretende Vorsitzende des Vereins und eine der Initiatoren des Bürgerbegehrens.
24. Oktober 2024, Berliner Kurier
Lichtenberger: „Poller frustrieren – ich will keine Umwege fahren!“
Für Müller ist die Vorstellung, Berlin könnte zu einer ruhigen Oase werden, schlicht unrealistisch: „Ich wohne am Ostkreuz und weiß genau, dass man in dieser Stadt vergeblich nach Ruhe sucht, es sei denn, man hat sehr viel Geld.“ (…) Sein Vorschlag an die Anwohner des Kaskelkiezes ist klar: Entweder man lebt mit dem Stadtlärm oder zieht weg. Für Müller sind bauliche Maßnahmen wie Poller oder andere Verkehrssperren „kleinkariert“ und seiner Meinung nach kontraproduktiv. Dann spaßt er: „Mauern hatten wir hier schon einmal, und das hat sich nicht gerade bewährt. Als alter Ossi möchte ich aber auf keinen Fall wieder von irgendwelchen Politikern vorgeschrieben bekommen, welches Verkehrsmittel ich benutzen soll.“
16. Oktober 2024, Berliner Kurier
Poller-Rabatz in Lichtenberg: Anwohner bekriegen sich wegen Durchfahrtssperre
Viele Geschäftsleute fürchten um ihre Existenz, weil kaum noch einer an ihren Läden vorbeifährt. (…) Die Maßnahme zur Verkehrsberuhigung direkt unterhalb der S-Bahnbrücken wurde 2023 auf Antrag der Initiative Kaskel-Kiezblock in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) beschlossen. Und das, obwohl nach Aussagen vieler Bewohner die Straßen im Kiez nie stark belastet waren, außer zu den Stoßzeiten.
Die Aktivisten der Kiezblock-Initiative selbst sprechen nicht von Durchfahrtsperre, sondern von „Kfz-Filter“. Angekündigt wurde bereits, dass diese erste Maßnahme längst nicht alle Herausforderungen löse und deshalb auch nur ein erster Schritt in Richtung eines wirklichen Kiezblocks sein könne.(…)
Verkehrsplaner, die diese Durchfahrtsperre im Bezirk abgenickt haben, lassen Autofahrer, aber auch die Tram 21, somit bewusst im Stau stehen.(…)
Unbestritten ist, dass immer mehr Zugezogene in Berlin versuchen, über die Errichtung von Pollern in ihren Straßen, Ruhe zu erzwingen und ihre gekauften Immobilien aufzuwerten. Denn ist erst mal ein Kiezblock errichtet und ist eine Straße verkehrsberuhigt, steigt auch der Preis der Immobilien vor Ort. Zum Nachteil aller Liegenschaften in den Nebenstraßen.“
17. September 2024, Sat.1
Poller-Wahnsinn
„Es ist das Totmachen eines Kiezes.“
Überall Poller-Wahnsinn in Berlin. So wie hier in Rummelsburg. Ein künstliches Hindernis polarisiert die Anwohner. „2020 wurde uns ein Poller vor die Firma gesetzt. Keiner von uns konnte so richtig damit umgehen. Da haben wir alle Widerspruch eingelegt, und dafür müssen wir jetzt Geld bezahlen.“
155 Anwohner haben Widerspruch gegen die Durchgangssperre eingelegt. Der wurde abgelehnt. Jetzt sollen sie für ihr legitimes demokratisches Bürgerrecht auf Widerspruch auch noch 76,31 Euro zahlen.
Poller-Ärger auch in (…) Neukölln. Die Sperren erschweren dort Feuerwehr- und Polizeieinsätze, zudem wurden die Rettungskräfte nicht mal über die neuen Poller in Kenntnis gesetzt. „Wenn es jetzt z.b. einen Brand in dem Haus hier gibt, dann geht man davon aus, dass man hier ein Löschhilfefahrzeug auf den Bürgersteig stellen kann. Das kommt jetzt aber nicht mehr durch. Und wenn die Feuerwehr das nicht weiß, kann sich so ein Einsatz auch mal länger ziehen, und wenn’s da oben brennt, dann gefährdet das Menschenleben“ (Benjamin Jendro, Sprecher der GdP)
29. August 2024, B.Z.
Wer Poller will, zahlt nix – wer keine will, muss blechen!
„Geprüft, abgelehnt – und dann abkassiert. Im Rummelsburger Kaskelkiez haben 151 Leute Widerspruch gegen eine Durchfahrtsperre eingereicht. Jetzt sollen sie dafür 76,31 Euro zahlen. (…)
„Der ganze Kiez blutet langsam aus. Ich überlege schon, was ich noch beruflich machen soll. Meinen Laden werde ich nicht mehr lange haben. Früher haben hier oft Leute nach Feierabend angehalten. Jetzt kommt kaum einer. Es ist einfach nur traurig.“
Während sich die einen über den Poller freuen, ist er für andere ein Desaster!“
https://www.bz-berlin.de/berlin/lichtenberg/poller-rummelsburg-anwohner
Mai 2024, Stern
Hier soll er stehen – der Poller, der eine ganze Nachbarschaft spaltet
„In Wahrheit geht es weniger um den Poller als um Menschen, die mit ihm leben.
Die einen finden: leben dürfen.
Andere finden: leben müssen.
Da ist die Frau mit dem Geschäft für Motorsägen und Rasenmäher, die sagt, dass die Lieferanten mit den großen Lastwagen kaum mehr vor ihrer Hofeinfahrt rangieren könnten, und das gehe einfach nicht, man könne die Waren nun mal schlecht mit dem Lastenrad transportieren.
Da ist der Mann, der nach 22 Jahren seinen Kiosk dichtmachte und der sagt, er habe zwar schon länger ans Aufhören gedacht, aber der Poller sei der letzte Anstoß gewesen, denn wer fahre schon morgens auf dem Weg zur Arbeit einen Umweg für Kaffee und Kippen?
Und da ist Beate Herda, die an einem Montagmittag im April seit drei Stunden in ihrem Blumenladen werkelt und erst einen Strauß verkauft hat. „Ich habe keine Kraft mehr“, sagt sie. „Die ganze Situation macht mich krank.“ Seit 15 Jahren betreibt sie den Blumenladen. Sie arbeite gern hier, sagt sie, aber von den Leuten im Viertel allein könne sie nicht leben.“
28. März 2024, Pro7
taff
„In der Hauptstadt tobt ein Mega-Zoff. Die Rede ist von diesen Stahlpfeilern. Die ploppen seit 4 Jahren in Berlin auf und spalten die Hauptstadt.
(…)
Begonnen hat alles vor 6 Jahren in der Umweltinitiative „Changing Cities“, ein gemeinnütziger Verein mit 12 Mitgliedern und mehreren tausend Freiwilligen. Die haben sich zum Ziel gesetzt, den Straßenverkehr in der Hauptstadt auszubremsen und Berlin möglichst autofrei zu machen.
Die 46jährige M. betreibt seit 7 Jahren eine Gaststätte. Die umfasst rund 40 Gäste. Viele davon scheinen fernzubleiben wegen der angespannten Verkehrslage im Kiez. Das betrifft auch den Getränkelieferanten. „Der Lieferdienst hat einen sehr großen Umweg jetzt durch die Poller. Und hat natürlich auch mehr Benzinverbrauch, was auf unsere Kosten umgeschlagen wird. Was wirklich ne Qual ist.“
Nach Angaben des Bezirksamts sind in diesem Jahr rund 7 weitere Pollerprojekte allein in Berlin-Mitte geplant. Kostenpunkt: bis zu 10.000 Euro pro Maßnahme. Auch in anderen Bundesländern will man das Projekt realisieren. So wie es aussieht, ist ein Ende des Pollerzoffs in Berlin nicht in Sicht.“
14. März 2024, Tagesspiegel
Wie ein Poller ein ganzes Stadtviertel entzweit
„Kaum stand der Poller, stellte sich heraus, dass er keinen Unterschied macht zwischen Fremden und Anwohnern. Er blockiert eine Zufahrt, die auch von Einheimischen benutzt wird. Die Leute fühlen sich nun ausgesperrt aus ihrem Kiez. Sie sind gereizt. Und wollen das auch zeigen.
Sehr deutlich prallen zwei Lebens- und Gesprächskulturen aufeinander. Es geht um Lebensqualität („wer definiert die denn?“), um Kompetenz und um verletzten Stolz. Eine Frau sagt: „Das ist mein Kiez. Ich lebe hier seit 48 Jahren und werde 48 Jahre alt.“
„Mir hat keiner was gesagt“, sagt R.M. ein paar Tage später in ihrem Büro. „Ich erfuhr von dem Poller erst, als er direkt in meine Hofeinfahrt gepflanzt wurde.“ (…) Man hätte aktiv auf sie zugehen müssen, um sie vor dem Poller zu warnen, findet sie. Da das nicht geschehen sei, „wurde das Gewerbe bewusst außen vor gelassen.“
(…)
Die Physiotherapeutin rechnet den Mehraufwand auf, den ihr eine Fahrt zu Patienten abverlangt. Nicht zu bewerkstelligen. In der Zeit, die ihre Mitarbeiterinnen auf dem Weg zu Hausbesuchen jetzt im Stau stehen, werden drei Patienten nicht behandelt.
Es solle lokales Gewerbe, derb und ölig, nicht mehr geben, ist R.M. überzeugt. Blumenkübel seien wichtiger.“ (…) Was hilft ihr mehr Bürgerbeteiligung, wenn sich in ihrem Kiez die Interessen verschieben? Wenn Familien mit Kindern weniger Toleranz für die Bedürfnisse einer Hinterhofwerkstatt aufbringen? Wenn die Entwicklung der Umgebung über ein Geschäft hinweggeht, das seit 1968 existiert?“
https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/der-strich-in-der-landschaft-wie-ein-poller-ein-ganzes-stadtviertel-entzweit-11358901.html
19. Dezember 2023, B.Z.
Lichtenberg-Kiez in der Kiezbock-Falle
„Der Tuchollaplatz im Kaskelkiez, ein Gründerzeit-Juwel in Lichtenberg. Lebenswert und lebendig, aber jetzt vom Bezirksamt ausgebremst. Für die Mieter ist Ruhe eingekehrt, aber Geschäftsleute klagen über ausbleibende Kundschaft.
Grund für den Ärger ist ein sogenannter Kiezblock, die Stadthausstraße wurde gesperrt und verpollert, nur noch BSR, Polizei und Feuerwehr dürfen passieren. Viele Anwohner wollten es so und die Politik setzte die Verkehrsberuhigung durch.
„Mit dem ersten Kiezblock in Lichtenberg bringen wir Verkehrsberuhigung in den Kaskelkiez“, erklärte dazu Verkehrsstadträtin Filiz Keküllüoğlu (Grüne).
„Uns Geschäftsleute hat man nicht eingebunden“, schimpft dagegen Kioskbesitzer Udo Daumann (59), seit 21 Jahren am Tuchollaplatz. „Von einem Tag auf den anderen ist der Platz praktisch tot.““
https://www.bz-berlin.de/berlin/lichtenberg/kiezblock-tuchollaplatz