18. November 2024, B.Z.
Polizisten fahren jetzt mit Poller-Karte durch Friedrichshain.
„Doch kommen die Polizisten im Streifenwagen überhaupt noch rechtzeitig zu den Tatorten? Eine neue Karte soll den Beamten helfen, sich zurechtzufinden.
„Unsere Eintreff-Zeiten werden sich definitiv verlängern“, beklagt sich ein Polizist aus der Direktion 5. „Der ganze Kiez entwickelt sich durch die vielen Diagonalsperren und Poller irgendwie zu einem kompletten Irrgarten.“ (…)
„Wir klappen auf dem Weg in unseren Einsätzen auch keine Poller um, die Feuerwehr auch nicht“, beschreibt der Polizist die Einsatzrealität. Bei der Menge an Diagonalsperren und Fußgängerzonen wären es auch immer mehrere Poller je Einsatz. Hinzu kommen die vielen Einbahnstraßen. Das Fazit des Beamten: „Wir fahren die Umwege.“
https://www.bz-berlin.de/berlin/poller-karte-polizei-friedrichshain
18. Juli 2024, Berliner Zeitung
Pollerbü-Ende in Mitte: Jetzt werden auch andere Anwohner vor Gericht ziehen.
„Einige Anwohner zogen gegen die Poller vor Gericht – und haben jetzt gewonnen. Einer der Bürger, die gegen das Bezirksamt Mitte einstweiligen Rechtsschutz beantragt haben, ist André Aimaq (56), Kreativdirektor in der Werbebranche. Er rechnet mit weiteren Gerichtsverfahren, die sich gegen Poller richten.
„Wir haben Kontakt mit Almut Neumann, der damals zuständigen Bezirksstadträtin von den Grünen, aufgenommen. Ihr Mitarbeiter sagte uns, dass die Tucholskystraße ein Unfallschwerpunkt sei. Als wir genauer nachfragten, wurde allerdings klar, dass es da in den vergangenen Jahren nicht mehr oder weniger Unfälle als an jeder anderen Kreuzung gegeben hat. Zudem hat der Bezirk die ganze Tucholskystraße betrachtet, nicht nur die Kreuzung. So groß ist die Gefahr an diesem Knotenpunkt nicht. Das Bezirksamt hat uns die Unwahrheit erzählt. Das fanden wir ziemlich krass.“
„Es geht nicht um Verkehrssicherheit, sondern um Ideologie, um eine Art Guerillakampf. Offenbar soll Mitte ein Museumsdorf werden, ein Rentnerparadies, in dem Zugezogene bestimmen. Was mich persönlich am meisten stört, ist die Gutsherrenart, mit der das grün regierte Bezirksamt vorgegangen ist.“
„Ich bin vor 20 Jahren aus Hamburg hierhergezogen. Und zwar nicht deshalb, weil ich in einer toten Wohngegend leben will, die sich abschottet. Doch genau das ist jetzt der Fall.“
„Als die Poller noch nicht standen, hat sich ein Bekannter gern in ein Café an der Kreuzung gesetzt, um dem bunten Treiben zuzuschauen. Das fand er schön. Für ihn war es vibrierendes Großstadtleben. Und obwohl da viel los war, gab es nie einen Unfall. Weil es Menschen anscheinend auch so schaffen, aufeinander Rücksicht zu nehmen.““
7. Juli 2024, Tagesspiegel
Gebildeter, reicher, weißer. Privilegierte treiben Stadt-Initiativen voran. Eine Studie an Berliner Kiezblock-Initiativen zeigt, dass Teilhabe nicht immer solidarisch ist.
„Einige der Anrainer fühlten sich aber überrumpelt, als der Poller im Dezember 2023 installiert wurde. (…) Die Kritik: vor dem Aufstellen seien nicht alle Anwohner gehört worden.
Aktivisten repräsentieren nicht die Stadtgesellschaft.
(…) Ein zentrales Problem von Grassroots-Inititativen (…), wie eine Befragungsstude des Potsdamer Forschungsinstituts für Nachhaltigkeit (RIFS) nun zeigt: „Wir gehen davon aus, dass die Befragten einer privilegierteren sozialen Gruppe angehören, die über Ressourcen und Kapazitäten für ein freiwilliges Engagement verfügt, die anderen sozialen Gruppen möglicherweise nicht zur Verfügung stehen“, bestätigt das Forschungsteam (…).
Besonders typisch für ihre Nachbarschaften seien sie nicht: Ihr Einkommen liege 25 Prozent über dem Berliner Schnitt und mit 70 Prozent Akademikerquote sei der Bildungsstand überproportional hoch. (…) Sie sind jedenfalls ethnisch weniger divers als die sonstige Berliner Community: Nur 14 Prozent gaben an, dass Eltern oder Großeltern außerhalb der Grenzen Deutschlands geboren wurden, bei 39 Prozent der Stadtbewohner ist das normalerweise der Fall.“
Mai 2024, tip Berlin
Kann Berlin eine 15-Minuten-Stadt werden? Worauf wartet die Hauptstadt?
„Dieses Konzept hat sich 2016 – zumindest unter diesem Namen – der Kolumbianer Carlos Moreno ausgedacht, Urbanist an der Pariser Sorbonne. Und die dortige Bürgermeisterin Anne Hidalgo setzt es seit 2020 beherzt um, was zuallererst heißt: Raus mit dem Auto.“
„(…) Strukturen schaffen im Geiste einer 15-Minuten-Stadt funktioniert (…) auf lokaler Ebene besser. (…) Dabei unterstützt Changing Cities lokale Initiativen, die in ihren Kiezen zunächst eine Verkehrsberuhigung erreichen wollen, um dann weiterdenken zu können.“
„Die Leute merken dann, was ohne Verkehr alles möglich ist“, sagt Ragnhild Soerensen (Changing-Cities-Pressesprecherin). Straßen und Parkplätze könnten nun in Gärten verwandelt, der Kiez könnte zum verlängerten Wohnzimmer werden. Sie erzählt, wie in ihrer Heimatstadt Kopenhagen die Zahl der Parkplätze schrittweise reduziert und verteuert werde. „Es ist erschreckend, wie rückständig wir in Berlin sind“, sagt Soerensen.“
24. August 2024, Der Standard
Autos raus? Was nach der Parkraumbewirtschaftung kommt
„Der nächste Schritt nach der flächendeckenden Parkraumbewirtschaftung ist eine weitere konsequente Verdrängung des Automobils aus den Großstädten. Selbst fortschrittliche Kleinstädte arbeiten bereits daran, die Blechlawinen in ihren Kernzonen zu entflechten, Einkaufszentren an der Peripherie zu entmachten (…)“
„Mit dem Thema Stadtauto im altbekannten Sinn setzen sich Autohersteller gar nicht mehr auseinander. Stattdessen laufen die Entwicklungen an dieser Stelle mit großer Konsequenz hin zu vollautomatischen Shuttle-Systemen. Diese Autos (…) werden uns aber nicht mehr gehören. Sie werden bereitstehen. Die Trennlinie zwischen privatem und öffentlichem Verkehr verschmilzt also bereits an den Rändern.“ (Rudolf Skarics)
7. November 2024, B.Z.
Mitte-Krankenhaus St.Hedwig kämpft gegen noch mehr Poller
„Gefährdet die grüne Verkehrspolitik in Berlin sogar Menschenleben? Diesen Vorwurf erhebt ein großes Krankenhaus in Mitte – die Klinik wehrt sich gegen noch mehr Poller und Kiezblocks im Bezirk.
(…) Doch durch das Anhalten, Aussteigen und Aufschließen geht wertvolle Zeit verloren – obwohl bei Blaulicht-Einsätzen jede Sekunde zählt. Deshalb hat sich das St. Hedwig Krankenhaus (Rettungseinfahrt Krausnickstraße) an das Bezirksamt Mitte gewandt, weitere Poller und Kiezblocks seien eine Gefahr.“
https://www.bz-berlin.de/berlin/mitte/krankenhaus-kaempft-gegen-poller